Wie hängen Bildkreis, Sensorgröße und Verwackeln zusammen?

(15.12.2020 frisch überarbeitet) Ich habe wieder eine Antwort auf eine Leserfrage in meinem kostenlosen Fotolehrgang im Internet veröffentlicht. Es geht dabei um die unterschiedlichen Objektivtypen, unterschiedlichen Sensorgrößen und ihre Auswirkung auf das Problem des Verwackelns.
Hier eine kurze Zusammenfassung, den Link zur langen Version gibt es am Ende des Textes.

  • Objektive für unterschiedliche Film- oder Sensorformate müssen für das jeweilige Format einen ausreichend großen Bereich, den sogenannten Bildkreis ausleuchten.
  • Je kleiner der jeweilige Sensor, desto kleiner darf der Bildkreis sein.
  • Ist der Bildkreis groß, kann das Objektiv natürlich trotzdem auch an einer Kamera mit kleineren Sensor verwendet werden (wenn es mechanisch passt).
  • Umgekehrt führt ein Objektiv mit kleinerem Bildkreis am großen Sensor dagegen zu Abschattungen an den Bildrändern, das Objektiv vignettiert.
    Meist zeigen sich noch weitere Bildfehler, wenn man sich den Rändern des Bildkreises nähert, u.a. Unschärfen und chromatische Aberrationen.
Illustration zum Thema Bildkreis

Das kreisrunde Objektiv erzeugt einen kreisrunden Bildkreis.

Illustration zu "Der kleinere Sensor erfasst aus dem großen Bildkreis nur einen Ausschnitt "

Der kleinere Sensor erfasst aus dem großen Bildkreis nur einen Ausschnitt

Bildkreis und Sensorgröße

  • Der im Bildkreis sichtbare Bildwinkel (also der sichtbare Ausschnitt des Motivs) wird von der Brennweite des Objektives bestimmt.
  • Kurze Brennweiten geben große Bildwinkel wieder (Weitwinkel, rausgezoomt), lange Brennweiten bei gleichem Format dagegen kleinere Ausschnitte (Tele- der Fernobjektiv, rangezoomt).
  • Ein kleinerer Sensor kann aus dem Bildwinkel eines Objektivs mit großem Bildkreis nur einen Teil erfassen. Dadurch erfasst er auch nur einen Teil des großen Bildwinkel, also einen kleineren Bildwinkel. Er zeichnet deshalb trotz eines evtl. großen Bildwinkels des Objektivs nur einen kleineren Bildwinkel auf.
  • Wenn man den gleichen Ausschnitt, also diesen kleineren Bildwinkel, mit einer Kamera mit größeren Sensor den Sensor füllend aufnehmen möchte, müsste das dafür dann verwendete Objektiv mit dem größeren Bildkreis eine längere Brennweite haben. (Um den Faktor länger, um den der größere Sensor größer als der kleinere ist.)
Illustrationzu "Der kleinere Sensor zeigt nur einen engeren Bildwinkel"

Der kleinere Sensor rechts zeigt trotz gleichen Objektivs einen engeren Bildwinkel (hier auf gleiche Bildgröße vergrößert)

Illustartion zum Thema Verwackeln

Ein typischer Verwackler, die Verwacklungslinien laufen quasi parallel zur Bewegungsrichtung des Auslösefingers.
Es war schon etwas dämmrig und die Belichtungszeit  war zu lang

Verwackeln

  • Verwackeln zeigt sich an einer gleichmässigen Unschärfe der Motivdetails. Werden diese Details größer abgebildet, wird auch das Verwackeln deutlicher sichtbar.
  • Das Auftreten der Verwacklung ist von der Brennweite (bzw. dem Bildwinkel) und der späteren Vergrößerung abhängig.
  • Kleine Bildwinkel, egal ob durch längere Brennweiten oder kleinere Sensoren bilden bei gleichem Bildformat nicht nur Motivdetails, sondern auch das Verwackeln größer ab.
  • Die Daumenregel für den Grenzwert:
    Mit kleinbildgroßen Sensoren Zeiten meiden die länger sind als der Kehrwert der Brennweite in Sekunden. (Beispiel: 60mm Brennweite -> nicht länger  1/60stel sekunde).
  • Wenn der Sensor kleiner ist, muss das Bild für ein bestimmtes Endformat stärker vergrößert werden. Dadurch wird das Verwackeln ebenfalls vergrößert und deutlicher sichtbar.
    Zur Berechnung der längsten möglichen Zeit muss man die Brennweite vorher mit Vergrößerungsfaktor („Cropfaktor“) multiplizieren. (Beim häufig anzutreffenden APS-C großen Sensor bedeutet das zum Beispiel 60mm *1,5 = 90 -> 1/90stel als längste Zeit bei 60mm Brennweite.)
zum Fotokurs

AKTUELL

Der nächste Termin für meinen zweitägigen Grundlagen-Fotokurs (Zeche Zollverein) ist am Wochenende
06.04.24/07.04.24 (Sa./So.).

Spätere Termine sind natürlich auch schon verfügbar.




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Vignettierung ist schlecht! Wirklich?

Objektive deren Bildkreis gerade eben so ausreicht, um den kompletten Sensor auszuleuchten können (speziell bei den großen Blendenöffnungen) mehr oder weniger stark vignettieren.

Das ist ein typischer Fehler, der verstärkt bei Weitwinkel-Objektiven aufzutreten scheint.
Doch nicht jeder Fehler ist auch wirklich ein Nachteil.

Die modernen Bildbearbeitungsprogramme, speziell RAW Konverter wie das von mir hauptsächlich eingesetzte – genauer Lightroom Classic CC(*)  – können diese Fehler zwar  automatisch und präzise abgestimmt auf das jeweilige Objektiv mehr oder weniger vollständig beheben.

Aber bei machen Bildern fällt im direkten Vorher/Nachher-Vergleich auf, dass eine Vignette aus gestalterischen Gründen manchmal sehr nützlich sein kann. Sie hält den Betrachter länger im Bild. Wir meiden scheinbar instinktiv das Dunkel und bleiben in der helleren Bildmitte.
Und das kann ja durchaus erwünscht sein.

Aus diesem Grund haben machen Programme (wie eben Lightroom(*)  ) sogar eine Funkion um bewusst eine Vignette zu einem Bild hinzu zu fügen.
(Damit das auch bei Bildausschnitten klappt darf man den Vignettenbereich der  Objektivkorrektur dafür nicht zweckentfremden. Der würde nämlich nur an den ursprünglichen Ecken wirksam und einen Beschnitt ignorieren.

Mehr dazu

Dies ist nur die Kurzfassung einer Antwort auf eine Leserfrage in meinem kostenlosen Fotolehrgang im Internet. Die lange Version gibt es unter:
Wie hängen Brennweite, Sensor und Verwacklung zusammen?

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Illustration Kaffeetasse


2 thoughts on “Wie hängen Bildkreis, Sensorgröße und Verwackeln zusammen?

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